Welches war die erste Armbanduhr, die Sie entwickelt haben – und welche war die, die Ihnen am meisten am Herzen liegt?
Es gibt zwei Uhren, die mir besonders am Herzen liegen: Das ist zum einen die Robert Mühle Mondphase in der letzten, umfassendsten Werkausbaustufe mit Auf/Ab-Anzeige, Zeigerdatum und Mondphase. Zum anderen ist es der S.A.R. Rescue-Timer, den wir ab März 2001 gemeinsam mit den Seenotrettern entwickelt haben und der gleichzeitig auch die erste Uhr ist, auf die ich mich in der Produktentwicklung hauptverantwortlich konzentriert habe.
Dazu gibt es dann auch gleich eine schöne Anekdote zu berichten: Die ersten Vorgespräche zu dieser Einsatzuhr haben wir mit Dr. Bernd Anders, dem damaligen DGzRS-Geschäftsführer geführt. Daraufhin unterbreiteten wir ihnen begeistert unseren ersten Vorschlag: Ein robuster Zeitmesser mit GMT-Funktion schien uns dem Einsatzzweck „Seefahrt“ angemessen zu sein. Denn Seefahrt verbanden wir mit den unendlichen Ozeanen und der Überquerung von Zeitzonengrenzen. Das Feedback der Seenotretter auf den ersten Vorschlag fiel dann eher ernüchternd aus. Da sie nur in Küstennähe operieren, könne man auf die Anzeige einer zweiten Zeitzone verzichten, lautete das knappe Feedback. Stattdessen wünschten sie sich bei Zifferblatt und Funktionalität eine Reduzierung auf das absolut Nötigste.
Die Manufakturlinie „Robert Mühle & Sohn“ war eine große Errungenschaft für Mühle-Glashütte: Wie kam es zur Entwicklung der Uhrwerke und den drei Komplikationen, standen letztere von Anfang an fest?
Die Robert Mühle Manufakturlinie war der krönende Abschluss aller uhrmacherischen Erfahrung, die wir von der Konstruktion der stoßsicheren Spechthalsregulierung bis zu unserem ersten Handaufzugswerk MU9411 gesammelt haben.
Wir haben die drei verschiedenen Modelle von 2014 bis 2019 vorgestellt, wobei wir uns Schritt für Schritt an die einzelnen Komplikationen herangetastet haben. An diesem Prozess waren nicht nur unsere Konstrukteure beteiligt, sondern auch mehrere unserer Mitarbeiter aus der Produktion. Es war schön zu sehen, wie viel Potenzial unsere Mitarbeiter haben. Ohne sie wäre es auch kein so großer Erfolg geworden. Diese schönen Uhren haben wir gemeinsam als Team geschaffen.
Bei der Vorstellung der Manufakturlinie waren Sie schon viele Jahre lang alleiniger Geschäftsführer, ab 2004 teilten Sie sich die Geschäftsführung zunächst mit Ihrem Vater: Haben Sie damals verschiedene Arbeitsbereiche festgelegt oder wie war die Zusammenarbeit gedacht?
Neben der Produktentwicklung war ich damals schon für den Einkauf und die Produktion verantwortlich. Später kam dann noch der Vertrieb dazu, sodass ich alle Stationen in Verantwortung geleitet habe. So wächst man nach und nach in ein Unternehmen hinein. Wir haben das Geschäft dann drei Jahre lang gemeinsam geführt, bevor ich alleiniger Geschäftsführer wurde. Hier haben sich dann eher unsere unterschiedlichen Führungsstile gezeigt: Mein Vater ist ein spontaner Bauchmensch – ich bin eher ein Kopfmensch, der gerne erst einmal sachlich über die anstehenden Entscheidungen diskutiert: Das machte die Zusammenarbeit manchmal recht spannend.
Was waren für Sie persönlich die 1-3 schönsten Momente im Familienunternehmen?
Zwei Highlights waren für mich das 10-jährige Einsatzjubiläum des S.A.R. Rescue-Timer bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und das 150-jährige Jubiläum der ersten Gründung unseres Familienunternehmens durch Robert Mühle – wahrscheinlich auch, weil diese mit zwei für mich sehr wichtigen Uhren verbunden sind.
Das Einsatzjubiläum haben wir gemeinsam mit Seenotrettern, Fachhändlern und Journalisten in Warnemünde veranstaltet. Ein Vormann hat davon erzählt, wie er seinen S.A.R. Rescue-Timer nutzt und welcher Erfahrungen er damit gemacht hat. Darüber hinaus könnten wir bei etwas höherer Windstärke erleben, unter welchen Bedingungen der S.A.R. Rescue-Timer sich seit 10 Jahren bewähren musste. Das war sehr eindrücklich.
Zu einem 150-jährigen Firmenjubiläum muss man wahrscheinlich nicht viel Erklären. Es ist einfach etwas ganz Besonderes, was wir mit einer ganz besonderen Uhr gewürdigt haben: der bereits erwähnten Robert Mühle Mondphase.